Google zeigt wieder Keywords in den Statistiken
Es gibt Menschen, die lesen Zeitung zum Frühstück und andere – wie ich – haben eine schwarze Bibel in der Hand – ein Smartphone – und konsumieren die aktuellen Streams und Apps mit den relevanten, personalisierten Informationen. So entdeckte ich gestern früh, dass die Besucher, welche sich von Google auf unsere ABAKUS-Webseite verirrten, im Referrer (die URL von der der Besucher kam) das Keyword enthielten und ich dachte mir – WOW – das hast du schon lange nicht mehr gesehen.
Geblendet von den gefilterten Daten der verschiedenen Tools sah ich wieder echte Suchanfragen. Sofort erinnerte ich mich an Thomas Promnys lustigen Referrer-Thread aus dem Forum, bei dem die witzigsten Suchanfragen gezeigt wurden. Kaum drüber nachgedacht, hatte ich prompt die aktuellen Suchanfragen auf dem Schirm: „wie macht idealo das„, „sistrix alternative kostenlos“ oder „wo ist der scart-stecker bei einem acer laptop?“
Nachdem ich mich zunächst über dieses Ostergeschenk von Google gefreut hatte, musste ich der Sache selbstverständlich auf den Grund gehen, denn schließlich sind ungefilterte Keyword-Daten ein interessantes Marketing-Instrument, um herauszufinden welche Bedürfnisse der Klickende hat. Nichts ist so schön wie eine Suchanfrage, in der der Besucher dem Webmaster erklärt, was er genau möchte.
Aber auch andere berichteten gestern ein absonderliches Verhalten bei den Besuchern, die von Google kamen. So meldete sich auch Google (Johannes Müller) kurz zu Wort – konnte jedoch des einen „Problem“ und des anderen „Freud“ nicht nachvollziehen.
Zum Hintergrund von Referring Keywords:
Wenn ein Besucher über Google auf eine Webseite kommt, bekam der Webmaster der Seite in seinen Web-Analytics-Tools (Google Analytics, Piwik, eTracker und Co) in ferner Vergangenheit angezeigt, welches Suchwort der Suchende bei Google eingegeben hatte. Der Webmaster konnte mit der Information erkennen, zu welchen Inhalten ein Bedarf bestand und konnte so sein Angebot, seine Inhalte sowie seine Anstrengungen auf genau diesen Bedarf ausrichten. Doch Google hatte sich im Nachhinein dafür entschieden, dem Webmaster das gesuchte Keyword größtenteils nicht mehr zu übermitteln.
Stattdessen lieferte Google dem Webmaster nur noch die vereinfachte Information, dass der Besucher von Google kam. Welchen Suchbegriff der Besucher eingegeben hatte, wurde jedoch herausgefiltert. Der Webmaster wusste von nun an nicht mehr genau, mit welchen Begriffen der Suchende auf seine Inhalte gekommen ist und war auf andere „Feedback-Kanäle“ angewiesen, die ihm verrieten, wie der Bedarf seines Besuchers eigentlich aussah.
Unser Head of SEO, Kamillo Kluth, hatte das Ende der Referring Keywords vor ziemlich genau einem Jahr in seinem ausführlichen Adzine Artikel erläutert und die beschränkten Möglichkeiten herausgestellt, mit denen der Webmaster sich fortan ein unscharfes Bild über die Bedürfnisse seiner Besucher machen konnte.
Mittlerweile werden – laut der Plattform notprovidedcount.com – rund 80 Prozent des Traffics von Google so gefiltert und vom Suchbegriff bereinigt. Klingt viel, war aber vor kurzem noch bei 90 Prozent!
Gestern früh war alles anders: Über 70 Prozent aller Klicks aus der Google-Suche enthielten – wie früher auch – das gesuchte Wort im Referrer.
Grafik: Google zeigt wieder Keywords in den Statistiken: Verlauf organischer Google-Traffic mit enthaltenem Keyword.
Unsere ersten Analysen zeigen, dass nur HTTPS-Seiten davon betroffen sind. Die Analysen mehrerer Kunden-Seiten, die unter HTTPS laufen, konnten weitgehend einen ähnlichen Anstieg bestätigen. Als der Referrer-Filter von Google eingeführt wurde, wurden anfangs noch Daten von HTTPS zu HTTPS übertragen. Erst später zog man die Klicks für den HTTPS-Traffic über den Redirector google.xxx/url, welche das Keyword aus dem Referrer entfernte. Stets damit begründet, den Datenschutz des Nutzers zu verbessern.
Ob diese Umstellung von Google nun ein Bug, ein Akt gegen den Datenschutz, ein Ostergeschenk an die Online-Marketing-Welt oder Belohnung für HTTPS-Webmaster ist, bleibt abzuwarten. Es könnte durchaus sein, dass Google den damals als „new proposal“ angekündigten veralteten „meta referrer-Tag“ aus den Seiten geworfen hat und nun keine Referrer-Policy mehr nach dem neuen Standard verwendet, was automatisch HTTPS zu HTTPS zulassen würde.
Update – 12:45
Zwei neue Grafiken aus Google Analytics zweier HTTPS-Domain unterschiedlicher Domains zeigen den historischen Verlauf des „provided“ Traffic, also den Traffic, der von Google aus den organischen Suchergebnissen kam und den Suchbegriff enthalten hatte:
In beiden Grafiken sieht man einen deutlichen Anstieg am gestrigen 31.3.2015. Um diese Ansicht zu bekommen, haben wir innerhalb von Google Analytics unter Akquisition -> Channels -> Organic Search alle Keywords weg gefiltert, die (not set) oder (not provided) lautetet sowie in der zweiten Dimension das Quelle auf „google“ beschränkt.
Am heutigen 1.4. sieht es leider wieder so aus, als würde der Redirector /url wieder funktionieren. Der Redirector kastriert den Referrer um das gesuchte Wort und sendet dafür die Position im Parameter „cd=“ sowie die angeklickte URL mit. Damit ist man wieder auf Tools wie zum Beispiel dem SEO DIVER (für beliebige Domains) oder den Suchanfragen-Reports des Google Webmaster Tools (nur für eigene Seiten) angewiesen, die einem verraten, mit welchen Keywords man selbst oder die zu beobachtende Seite rankt.
Bei der Analyse der Nutzer, bei denen ein Keyword mitgegeben wurde, stellten wir fest, dass es sich vorwiegend um Firefox und IE Nutzer handelte. Da wir im ABAKUS Forum außerordentlich viel Firefox Traffic haben, sieht man den Effekt bei uns auch deutlicher. Hier eine Grafik der Browser-Verteilung des gestrigen „provided“ Traffics auf den Seiten von ABAKUS, gewichtet in einer Tagcloud (Begrisswolkenfunktion in GA):
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Wenn ihr ähnliche Beobachtungen in euren Statistik-Tools gemacht habt, würde ich mich freuen, wenn ihr einen Kommentar hinterlasst. Danke für eure Zeit und einen guten Start in den April!